Symposium am 31. Januar 2025: „Was kann aus unseren Kirchen werden?“

v.l.n.r.: Prof. Peter Jahnen, Pastoralreferentin Veronika Raß, Architektin Anja Lemaire und Rudolf Laux (Foto © Ralf Zenzen)

Symposium am 31. Januar 2025: „Was kann aus unseren Kirchen werden?“

Kein einfacher Weg und doch auch Chancen?

Das Dormitorium im Cochemer Kulturzentrum Kapuzinerkloster war mit 70 Teilnehmern ausgebucht. Interessierte aus der Bürgerschaft, Verantwortliche aus Kirche und Kommunen, aus Politik, aus Cochem und der Region erfuhren und diskutierten mit Fachleuten Möglichkeiten für den Umgang mit nicht mehr ausgelasteten Gotteshäusern. Der einladende Freundeskreis St. Remaclus Cond hatte bewusst dieses breite Format gewählt, wohl ein Novum im Bistum Trier.

Zu Beginn stand ein Zitat aus dem deutschlandweiten Kirchenmanifest.de: „…Kirchen sind Gemeingut und Mittelpunkt nicht nur für Gläubige … Darf man einfach nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten über sie verfügen?“

Zur Situation: Die am 1. Januar 2025 fusionierte Pfarrei Cochem war zuvor vom Bistum als Pilotpfarrei benannt worden. Ihr im kommenden März zu wählender Verwaltungsrat muss binnen Jahresfrist ein Immobilienkonzept erstellen. Darin müssen von den acht Kirchen vier benannt werden, für die Trier künftig noch Unterhaltungszuschüsse gewähren soll. Für die übrigen Kirchen könnten in naher Zukunft Themen wie Entweihung, Verkauf oder Abriss anstehen.
Hermann Condné, Leiter der Abteilung Bau- und Immobilien im Bischöflichen Generalvikariat, untermauerte den Handlungsbedarf mit Zahlen: Von rund 1.900 Kirchen und Kapellen im Bistum, seien ca. 1/3 zu viel. Die Zahl der Gläubigen sinke wie auch das Steueraufkommen. Es fehlt an Auslastung und es gibt kaum noch Kümmerer. Die neue Pfarrei Cochem verfüge zudem über zwei Pfarrheime und drei Pfarrhäuser.

Städteplaner Prof. Peter Jahnen zeigte anschließend eine Auswahl von 70 sehr unterschiedlichen Beispielen über Folgenutzungen aus Westeuropa. Dreiviertel seien zu seiner Überraschung reversibel, sprich rückbaubar angelegt. Ein großer Teil sei auch weiterhin für Gottesdienste nutzbar geblieben. Aufgrund der Vielfalt von „Talenten“ der  Gotteshäuser ergäben sich für die Gemeinwesen der Städte und Dörfer spezifische Chancen. Er empfehle deshalb allen betroffenen Gemeinden, sich jeweils vor Ort zu einem breiten Prozess der Konzeptsuche zusammenfinden.

Prof. Jahnen ist aufgewachsen in Cond, studierte Design und Architektur, war bis zur Emeritierung Inhaber einer Professur an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM Gießen) für „Planen und Bauen im Bestand“. Er ist Mitinhaber eines auch auf Umwandlungen spezialisierten Büros in Aachen. In Cond engagiert er sich wegen seiner Verbundenheit gerne und ohne Berechnung von Kosten. Für ihn geht es vorrangig nicht mehr um den Abriss alter und die Konzipierung neuer Gebäude, sondern um den nachhaltigen Ansatz, die Talente vorhandener Gebäude zu definieren und breiter zu nutzen (zirkuläre Wirtschaft).

Diözesankonservator Dr. Georg Breitner unterstrich, dass die Frage nach künftigen Nutzungen von Kirchengebäuden nicht allein Aufgabe der Amtskirche und ihrer Gremien sein kann, sondern auch und in besonderem Maß der gesamten Öffentlichkeit. Der hier vorgestellte Weg sei daher seitens des Bistums voll zu unterstützen. Bedenken, dass ein sofortiger Beginn angesichts der pfarrlichen Vakanzen verfrüht sei, wollte er nicht folgen. Es gehe erst einmal um die Erhebung von Grundlagen. Prof. Jahnen mache also ein wertvolles Angebot. Jeder Kirchort sei eingeladen den Prozess zu verfolgen und gefragt, eigene Vorstellungen zu entwickeln.

Für St. Remaclus initiiert Prof. Jahnen zunächst eine Erhebung der örtlichen Rahmenbedingungen und zum Gebäudebestand. Dazu wird er mit Prof. Nikolaus Zieske von der THM Gießen studentische Masterarbeiten begleiten. Schon im März beginnend mit Vermessungsarbeiten für ein digitales 3D-Modell. Für den 25. April 2025 ist eine Exkursion der Studierenden nach Cochem geplant.

In der zweiten Phase ist eine Projektgruppe zu bilden, bestehend aus Vertretern des Bistums, der Kirchengemeinde, der Zivilgemeinde, Interessierten, Institutionen etc. Sie soll die Rahmenbedingungen, Potenziale und Nutzungsideen für die studentischen Arbeiten eingrenzen.

Eine dritte Phase gilt dem Entwicklungsprozess, in dem eine Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsstudie erstellt wird. Es geht um Markterkundung, Fragen zur Trägerschaft und Betreibern. Immer mit einer Mehrzahl von Nutzungsvarianten im Blick, aus denen möglichst die „für alle Beteiligten beste Variante“ zur Umsetzung kommen sollte.
Die Abgabe der studentischen Masterarbeiten ist für den 23.7.2025 vorgesehen, die Ausstellung und Präsentation der Ergebnisse an einem noch festzulegenden Termin im Herbst.

In der anschließenden Diskussion wurden eine Reihe von Anregungen und Ideen zum Prozess, und zu möglichen künftigen Nutzungen von St. Remaclus vorgebracht. Stichworte wie Ort für Bildung, Erinnerung, Begegnung, Musik, Bildende Kunst, Architektur der Moderne, Qualitäts-, Wandertourismus und Freizeit fasste Prof. Jahnen´s Kollegin Anja Lemaire in Kategorien zusammen. Aus diesen und weiteren Ideen will man ableiten, was vor Ort gehen kann und was nicht. Auch aus Sicht des Denkmalschutzes, wie Dr. Breitner unterstrich, und aus wirtschaftlicher Sicht, wie Herr Condné ergänzte.

Einen gewollt emotionalen Punkt setzte Prof. em. Alois Peitz aus Trier. Gegen Ende der Bauzeit von St. Remaclus 1967 war er als junger Bistumsarchitekt auch in Cond eingesetzt; für ihn eine prägende Zeit. Alle Menschen, mit oder ohne Konfession brauchten zu allen Zeiten und gerade jetzt wieder Orte des Rückzugs und der Besinnung. Mit St. Remaclus und seinem weiten, offenen und schlichten Raum habe der Baumeister Emil Steffann ein Meisterwerk von dauernder Gültigkeit gesetzt. Die große Zahl der Besucher und ihre Dankbarkeit zeige das. Die Moselkulturlandschaft sei bereichert. Prof. Jahnen betonte abschließend, dass der aufgezeigte offene Prozess und Zeitplan zwar ambitioniert seien, aber allen Beteiligten dienen könne.

Wer sich in der Projektgruppe für St. Remaclus einbringen möchte – aufgerufen sind interessierte Bürger, Gläubige, Vertreter von Behörden, von Institutionen, Mandatsträger aus Kirche und Politik – kann sich gerne an den Freundeskreis St. Remaclus wenden.

Kontakt:
Freundeskreis St. Remaclus
E-Mail: freundeskreis-strem@magenta.de
Ansprechpartner: Rudolf Laux



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