Unrat aus der Weinkulturlandschaft entfernen

Unrat aus der Weinkulturlandschaft entfernen

Umwelt- und Klimaschutz sind Megathemen in der Gesellschaft. Dazu gehören möglichst intakte Weinkulturlandschaften. Die Weinregionen an der Ahr, am Mittelrhein, der Nahe und an Mosel, Saar und Ruwer sind attraktive Destinationen im Weintourismus. Und sie sollten es auch bleiben. Doch dazu ist gemeinsames Handeln erforderlich. Es häufen sich Beschwerden und Hinweise aus der Bevölkerung, sowohl von Einheimischen wie von Gästen, dass die Weinkulturlandschaften mancherorts in der Praxis doch nicht ganz so intakt sind. Da werden Smartphones und Digitalkameras gezückt und Bilder gemacht, die Unrat und Müll in der Weinbergslandschaft dokumentieren. Diese Bilder werden per Mail-Anhang an Ministerien, Behörden, die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR), aber auch an die Weinbauverbände oder Weinwerbungen verschickt. Was wohl aber noch schlimmer wiegt, ist die Veröffentlichung solcher Negativbilder in den sozialen Medien. Da ist dann schnell mal ein gutes Image für eine ganze Weintourismusregion verspielt. Aus diesem Grund kann gar nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass eine intakte und saubere Weinkulturlandschaft allen Bürgerinnen und Bürgern, vor allem den Menschen, die von Weinverkauf leben bzw. im Tourismus tätig sind, am Herzen liegen muss.
Es sind natürlich weiß Gott nicht die Winzer und ihre Bediensteten allein, die so manchen Unrat in der Landschaft hinterlassen. Der Weinbaupräsident der Ahr, Hubert Pauly, weiß zu berichten, dass auf dem Rotweinwanderweg an der Ahr vier von fünf weggeworfenen oder entsorgten leeren Flaschen (nicht immer in den aufgestellten Abfallkörben) nicht von heimischen Weingütern oder Genossenschaften, sondern von Billigeinkäufen bei Aldi und Co stammen. Tausende Zigarettenstummel, ja oft von einfach ausgeschütteten Aschenbechern, dürften auch wohl in erster Linie von Besuchern achtlos auf den Boden entsorgt worden sein. Und die Hinterlassenschaften von Hunden an Rändern der Wanderwege und in den Weinbergen entlang solcher Wege sind für die Winzer ein großes Ärgernis. Dennoch geraten auch die Winzer selbst in den Fokus verantwortungslosen Handelns.
Säcke von Plastikmüll von gebrauchten Heftbastfäden, Bindeschläuchen und Plastikklammern, zerrissenen Jungrebenhüllen, alten Pheromonampullen, ja sogar gehäckselten Düngesäcken werfen kein positives Bild auf die Branche. Vom Winde verwehte Rebschutzhüllen kommen dazu, wie sicherlich auch anderer Unrat. Der Verweis auf wenige schwarze Schafe hilft da nicht weiter. Es muss ein Ruck durch die Branche gehen und dem Verschandeln der Weinkulturlandschaft der Kampf angesagt werden. Es ist an der Zeit, auf Hilfsstoffe aus Plastik so weit wie möglich zu verzichten und Alternativen zu verwenden. Zumindest muss Plastikmüll aus den Weinbergen immer wieder entfernt werden. Alle Menschen, die im Weinberg arbeiten, könnten eine Stoffumhängetasche am Körper tragen. Sie sollten alle auf dem Boden liegenden Plastikteile aufsammeln, in die Stofftasche stecken und später im Weingut ordnungsgemäß entsorgen.
Ordnungsgemäß entsorgen ist das Stichwort für viele andere weinbaulichen Aktivitäten. Zum Beispiel bei der Rodung oder bei Ausbesserungsarbeiten im Weinberg, wenn alte Rebpfähle oder Holzstickel anfallen. Statt solche ehemalige Unterstützungsvorrichtungen einfach auf Brachflächen, an Wegen oder sogar in Waldrandgebieten abzulegen, sollte die gute fachliche Praxis angewendet werden. Die vielfach teerölimprägnierten Holzsti¬ckel müssen ordnungsgemäß durch die Winzer entsorgt werden. Wer dagegen kleinere Reserven an Holzstickeln für das Ausbessern bestehender Weinbergen vorhalten möchte, sollte dies in einem geschlossenen Gebäu¬de tun. So wird bei Außenstehenden der Eindruck vermieden, hier würde widerrechtlich gefährlicher Abfall gelagert.
Aber nicht nur alte Holzstickel werden in der Landschaft unsachgemäß gelagert, sogar aufgewickelter Alt-Draht oder nicht mehr verwendete Trierer Räder aus Plastik, die in Hecken verborgen an Waldrändern aufgestapelt werden. Der Anblick von Kellerabfällen, wie gebrauchten Kieselgur oder alten Tresterhaufen ist ebenfalls vielen an einer intakten Weinkulturlandschaft interessierten Menschen ein Dorn im Auge.
Im weitesten Sinne kann auch gesetzeswidriges Abspritzen mit Totalherbiziden von Wegrändern und Vorgewenden der Weinberge als Unrat gesehen werden. Diese Verfehlung liegt sicher im Verantwortungsbereich der jeweiligen Betriebsleiter. Genau wie das Reinigen der Pflanzenschutzgeräte, die niemals auf der Hofstelle oder auf befestigten Wegen durchgeführt werden darf.
Was ist also zu tun? Zunächst gilt es, die Betroffenen und vor allem die Verursacher dieser Ungereimtheiten zu sensibilisieren. Der Müll in der Landschaft, das ist oft Kopfsache. Ein Winzer, der aus verständlichen Gründen hier nicht genannt werden will, sieht ein Problem auch bei den osteuropäischen Saisonarbeitskräften, die eine ganz andere innere Einstellung mit Hinterlassenschaften in der Umwelt hätten, wie heimische oder familieneigene Arbeitskräfte. Alle Betriebsleiter sind aufgefordert, über diese Thematik der sauberen Weinberge auch mit all ihren Arbeitskräften zu sprechen.
So wie jetzt kann es jedenfalls nicht weiter gehen. Jeder Winzer und jede Winzerin muss sich das Handlungsfeld, für eine intakte Weinkulturlandschaft zu sorgen, auf die Fahne schreiben. Die Winzerin und Vizepräsidentin des Weinbauverbandes Mosel, Stefanie Vornhecke, appelliert an die Berufskolleginnen und –kollegen, immer wenn sie im Weinberg sind, eine Stofftasche dabei zu haben. Die Aktion „macht Euch die Taschen voll“ sollte Schule machen. Es wäre ein besonderes Zeichen, wenn die Gebietsweinwerbungen und das DWI solche Umhängetaschen aus Stoff in ihren Katalog der Werbegeschenke aufnehmen würden. Solche Taschen könnten ja auch bei der Ausbringung der Pheromonampullen verwendet werden und natürlich beim Rebschnitt, um eben diese Ampullen nach der Saison wieder einsammeln zu können. Die ordnungsgemäße Entsorgung von alten Materialien wie Teer-Stickel, Drähten, Plastikmüll etc. kostet nicht die Welt. Zwar sind die Gebühren hierfür von Kommune zu Kommune wohl unterschiedlich, doch sicherlich tragbar. Und sollten Besucher tatsächlich leere Flaschen, Getränkedosen, Zigarettenstummel, etc. hinterlassen, hilft es, die Faust in der Tasche zu ballen, dann aber die Hand schnell wieder zu öffnen, beim Müll zuzupacken und auch diesen Unrat zu entfernen. Auf die in Zukunft hoffentlich immer weniger werdenden schwarzen Schafe im Berufsstand sollte die Gemeinschaft der ordentlichen Winzer/innen in einer Kommune dann zum Schluss mit zunächst gutem Zureden und sanften Druck Einfluss nehmen. Das Ziel muss es sein, intakte Weinkulturlandschaften zu schaffen im Sinne aller Menschen. Das alles ist unter dem Gesichtspunkt Nachhaltigkeit zu sehen. Auch ein – wenn nicht der Megatrend der Jetzt-Zeit. Auf dieser Welle müssen die Weinbauverbände Ahr, Mittelrhein, Nahe und Mosel mitschwimmen und die Thematik nach allen Regeln der Kunst bespielen. G.K.



Faszination Mosel